Ich lehnte mich in den Sitz zurück und holte eine Flasche Wasser aus dem Mini-Kühlschrank. Die Adresse die sie Taylor nannte kam mir bekannt vor. "Das American Diner, nicht wahr?", fragte ich sie und hob leicht eine Augenbraue. Das Restaurant war schon ein wenig älter. Ich war früher schonmal hier gewesen. Nicht schlecht.. konnte vielleicht mal eine Renovierung vertragen, dachte ich mir. Klang eigentlich nach einer recht guten Investition. Ein neuer Anstrich, ein paar neue Möbel, bessere Musik und der Laden würde wieder so gut laufen wie in den 80ern. Ich holte dann noch ein Glas raus und tat ein paar Eiswürfel rein. "Möchtest du auch was?", fragte ich dann höflich, wobei mir dann einfiel, dass wir uns gar nicht vorgestellt hatten bei dem ganzen Durcheinander.
"Mein Name ist übrigens Daniel. Daniel Summers.", stellte ich mich dann vor und lächelte freundlich. Das war eigentlich nicht meine Art mich nicht vorzustellen. Unter anderen Umständen wäre es mir vielleicht unangenehm gewesen. Aber sie hätte sich ja genauso gut vorstellen können. Ich goss dann ein wenig Wasser ins Glas und trank einen Schluck, bevor ich mich leicht nach vorne beugte und Taylor auf die Schulter tippte. "Ich brauch mal Ihr Handy.", sagte ich knapp woraufhin er gleich sein Handy zückte und es mir reichte. "Vielen Dank.", sagte ich zu dem wortkargen Fahrer und lehnte mich dann wieder zurück.
"Entschuldige bitte aber ich muss noch einen Termin absagen", erklärte ich dem Mädchen und klappte Taylor's Handy auf und wählte flink die Nummer von meinem Assistenten Max. "Summer hier.", sprach ich in den Hörer und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf meinen Oberschenkel. "Ja frag nicht weiter. Mein Handy ist kaputt. Taylor kümmert sich darum.", erklärte ich und sah dann nochmal auf die Uhr. "Ich fass mich kurz. Es geht um den 5 Uhr Termin. Sag ihn ab.............. Ist mir egal wie du das anstellst. Lass dir was einfallen...................Ja... dann.. geb ihm einen neuen Termin. Morgen. um 11... Wiederhören.", beendete ich das Gespräch und klappte das Handy wieder zu und reichte es Taylor. Nun stand ich wenigstens nicht unter Zeitdruck und konnte mir das Restaurant auch mal genauer ansehen.

Ohne mich zu rühren, sah ich aus dem Fenster, starrte die Bäume und Gebäude an, an denen wir vorbei fuhren. So schien es zumindest. Im Prinzip blickte ich mitten ins Leere, versunken in meinen eigenen Gedanken. An tagen wie heute vermisste ich ihn ganz besonders. Gut, ja ich hatte ein paar Freunde, aber auch das konnte einen nicht über alles hinweg trösten. In letzter Zeit fühlte ich mich oft einsam, da ich keine Zeit für nichts hatte. Einen Praktikumsplatz bekam ich auch nicht. Das war alles irgendwie ziemlich frustrierend. Vielleicht war es auch ganz gut, dass kaum Zeit zum durchatmen blieb wie jetzt. So hatte ich keine Zeit zum verzweifeln. Plötzlich riss der junge Mann neben mir mich aus meinen Gedanken. Es verwunderte mich doch etwas, dass er das Restaurant kannte. Normaler Weise trieben sich dort keine Leute rum die solche Autos und persönliche Fahrer besaßen. "Ja, stimmt. Du warst schon mal da?", wollte ich dann wissen. Wenn dann mit Sicherheit nicht in meiner Schicht, denn daran würde ich mich sicher erinnern. In seiner Gegenwart hatte ich fast schon das Gefühl mich dafür schämen zu müssen "nur" eine Kellnerin zu sein, auch wenn mir durchaus bewusst war, dass das kompletter Schwachsinn war. Erstens konnte es mir egal sein was er dachte und zweitens musste ich mich sicher nicht dafür schämen einer ehrlichen Arbeit nachzugehen.
Dass er mir ein Glas Wasser anbot kam mir gerade recht, da mein hals sich nach der Zigarette immernoch leicht kratzig und brennend anfühlte. "Ja, bitte.", antwortete ich knapp. Das rauchen hatte sich auf jeden Fall für mich erledigt. Erst als er sich mir vorstellte wurde mir bewusst, dass auch ich mich noch gar nicht vorgestellt hatte. Wie unhöflich von mir. Eigentlich war das nicht meine Art, aber wenn ich genauer darüber nachdachte, hatte sich das auch gar nicht ergeben. "Daniel Summers..." wiederholte ich nachdenklich. Irgendwie kam mir dieser Name bekannt vor, mir wollte bloß nicht einfallen woher. "Ich bin Allison. Allison Davis.", erwiderte ich daraufhin mit einem zarten Lächeln auf den Lippen. Vielleicht würde mir ja heute Nacht noch einfallen woher ich diesen Namen kannte.
"Kein Problem." Erstaunt sah ich zu wie sein Fahrer wirklich alles für ihn zu tun schien. Ob er wirklich nur sein Fahrer war? Naja, das ging mich wohl mal absolut nichts an. Aber so wie er am Telefon sprach, schien er ja irgendein hohes Tier zu sein. Auch wenn ich mich fragte warum er diesen Termin abgesagt hatte, das hätte er doch bestimmt noch geschafft. Aber auch das ging mich nichts an.

Auf ihre Frage hin nickte ich nur und sah dann auch aus dem Fenster. "Ja.. ist allerdings schon ein paar Jahre her.", erklärte ich kurz. Ich konnte ihr ja schlecht auf die Nase binden, dass ich dort war, wo sie vermutlich noch nichtmal gelebt hatte. Entweder würde sie denken ich wolle sie nur aufziehen oder sie dachte ich bin völlig durchgeknallt und würde noch die Psychartrie anrufen, damit mich irgendwelche überforderten Waschlappen in weißen Uniformen besuchen kamen. Ich hoffte einfach, dass sie nicht näher darauf eingehen wollte und beließ es dann dabei. Ich nahm dann ein weiteres Glas heraus, füllte auch dieses mit Eiswürfeln und Wasser und reichte es ihr dann. "Aber trink langsam.. das ist wirklich kalt.", warnte ich sie vor, da ich wusste wie schnell Menschen Gehirnbrand bekammen und das das wohl ziemlich wehtun musste.
Als sie meinen Namen wiederholte, sah ich ihr an wie angestrengt sie nachdachte ob sie mich vielleicht kannte oder schonmal gesehen hatte. Wundern würde es mich nicht. Wenn man so ein erfolgreiches Unternehmen leitete wurde alle Nase lang Photos von einem geschossen um diese auf irgendwelchen Klatschblättern zu veröffentlichen. Ich hasste solche Paparazzis.. mein Leben und was ich privat tat, ging sie einen scheißdreck an. Wenn es mir eins um andere mal zu viel wurde, kümmerte ich mich auch gern persönlich um diese Aasgeier, was die meisten aber nicht überlebt hatten, was mir aber ziemlich am Arsch vorbei ging. Ich bekam immer was ich wollte, setzte immer meinen Willen durch und hatte immer die Kontrolle über alles und jeden. Und die, die sich mir dauerhaft widersetzten wurden einfach aus dem Weg geräumt. Eines meiner leichtesten Übungen. Ja es war schon von Vorteil ein Teufel zu sein.
Kurze Zeit nach meinem Telefonat, sah ich aus dem Fenster schon das Diner. Taylor hatte wirklich ganze Arbeit geleistet und hatte uns in nur wenigen Minuten hergebracht. Er lenkte den Wagen auf den spärlich besuchten Parkplatz vor dem Diner und parkte elegant in nur einer fließenden Bewegung. "Wir sind da Sir.", erklärte er mir dann und ich nickte ihm nur zu. Ich stellte mein Glas auf die Ablage und stieg dann aus dem Wagen. Lief einmal um ihn herum und öffnete dann Allison die Tür. "Da wären wir schon. Und das schneller als ein Taxi es gekonnt hätte."

Auf seine knapp bemessene Antwort ging ich gar nicht weiter ein. Wenn es schon einige Jahre her war, war es aber auch klar, dass ich ihn dort nie gesehen hatte. So lange arbeitete ich dort ja schließlich noch nicht und auch hoffentlich nicht mehr allzu lange. Mein Traumjob war das nämlich nun wirklich nicht. Als er mir das Glas reichte, nahm ich es dankbar an und nickte einmal als Zeichen dafür, dass ich ihn verstanden hatte. Es war irgendwie ungewohnt, dass jemand so fürsorglich mir gegenüber war. Konnte man das so nennen? Wahrscheinlich war es reine Höflichkeit seiner seits oder er hatte nur keine Lust direkt zurück zum Krankenhaus zu fahren weil mein Gehirn einfror. Ja, das würde es wohl eher sein. Auf seine Warnung hin nahm ich nur einen kleinen Schluck und kurz darauf noch einen. Endlich ließ das leichte Brennen in meinem Hals etwas nach. Hatte er keine Angst irgendwann mal Krebs zu bekommen, wenn er solche starken Zigaretten rauchte? Naja, auch das ging mich wohl kaum etwas an. Warum deprimierte mich dieser Gedanke so? Das konnte mir doch so ziemlich am Arsch vorbei gehen.
Als der Wagen hielt und sein Fahrer uns lächelnd erklärte, dass wir da waren seufzte ich leise und stellte das Glas Wasser irgendwo wo es sicheren Halt hatte ab. Eigentlich hatte ich gerade absolut keine Lust arbeiten zu gehen, aber was blieb mir schon anderes übrig. Gespielt lächelnd stieg ich aus dem Wagen als Daniel mir schon so bereitwillig die Tür aufhielt. Er konnte es wohl kaum erwarten mich los zu werden. "Danke.", murmelte ich leise und lief daraufhin etwas geknickt ins Restaurant. Seinen eigentlich humorvollen Kommentar hatte ich gar nicht wirklich mitbekommen. Da fiel mir ein, dass ich mich nicht einmal verabschiedet hatte, doch zu meinem erstaunen folgte er mir mit rein. Vielleicht hatte er hier ja irgendwas zu klären oder konnte es kaum erwarten mich in meiner Uniform zu sehen um sich innerlich einen kaputt zu lachen.
Kaum hatten wir das Diner betreten, kam auch schon mein Chef regelrecht auf mich zu gerannt. "Ach nein, beehrst du uns heute doch noch mit deiner Anwesenheit, ja?" Was sollte das denn? Ich war nur 2 Minuten zu spät dran! Manchmal hätte ich ihn am liebsten angeschrien und gekündigt, aber leider war ich auf den Job angewiesen. "Tut mir leid.", murmelte ich kleinlaut. "Ja, tut dir leid, tut dir leid. Das höre ich jedes Mal. Ich kann keine Mitarbeiter gebrauchen die zu faul sind um es pünktlich zu ihrer Schicht zu schaffen! jetzt geh und zieh dich um. Bei Tisch 3 warten Gäste darauf bedient zu werden." Musste er mich unbedingt vor Daniel so runter machen? Das war mir wirklich unangenehm und peinlich. Er tat ja fast so als würde ich nie pünktlich kommen und keine gute Arbeit abliefern. Naja, schlimmer konnte der Tag eh nicht mehr werden, von daher war das jetzt auch egal. Kurz wandte ich mich noch einmal Daniel zu. "Danke für's mitnehmen.", murmelte ich kleinlaut und verschwand dann auch nach hinten in den Aufenthaltsraum um mich umzuziehen. Mein Chef schien jetzt erst begriffen zu haben wer da vor sich stand, denn plötzlich lächelte er ihn liebenswürdig an als wäre er der Engel auf Erden und schleimte rum. "Mister Summers! Was für eine Ehre" kann ich ihnen helfen? Möchten Sie vielleicht etwas Essen?" Ja, schleim du nur, du perverses Egoschwein.., dachte ich mir innerlich und schüttelte verachtend den Kopf. Schnell schlüpfte ich aus meinen Klamotten und zog mir meine Arbeitskleidung über bevor ich mich auch noch mit einem kleinen Notizblock und einem Kugelschreiber ausstattete und daraufhin die Bestellung an Tisch 3 aufnahm.

Mit den Händen in den Taschen folgte ich ihr langsam ins Diner und sah mich ein wenig um. Es hatte sich einiges verändert. Nicht unbedingt zum Besseren, wenn man mich fragte. Aber immerhin war kleine Bar immernoch die Selbe. Noch ein wenig in Gedanken vernahm ich wie ein etwas zu kurz geratener pummeliger Mann zu uns herüberkam und anfing Allison vollzulabern. Ich sah kurz auf die Uhr. Mein Gott.. sie war ein paar Minuten zu spät.. Davon ging die Welt auch nicht gleich unter. Ich hasste solche arroganten kleinen Chihuahuas, die wegen jeder Kleinigkeit bellten und am Ende ja doch nichts rauskam. Wenn es ihn so sehr störte, sollte er sie einfach rausschmeißen und gut ist. Aber sie deswegen nicht hier vor allen Leuten runtermachen. Selbst ich hatte mehr Respekt und Verständnis für meine Angestellten. Abwehrend hob ich die Hände, als sie die Runde verließ um sich umzuziehen und er anfing mich vollzuschleimen. "Ja, ja alles bestens. Und ja ich würde gerne etwas essen.", sagte ich dann und sah mich wieder um. "Einen Whiskey und.. wissen sie was? Eine Pizza.", sagte ich dann, da ich das schon ewig nicht mehr gegessen hatte. Als Chef eines so großen Unternehmens hatte ich kaum Zeit irgendwas Essen zu gehen oder selber zu kochen, da ich meist mit zu Geschäftsessen geschleppt wurde, wo es immer nur dieses Nobelzeug gab. Nicht das ich überhaupt was essen musste. Aber ich aß gern. Ob nun Teufel oder nicht. Ich wandte mich von ihm ab und sah mich nach einem freien Tisch um. Als ich einen sah drehte ich mich nochmal kurz zu dem kleinen Schleimbeutel um. "Ach ja noch was. Ich möchte von der jungen Dame von eben bedient werden. Und ich will, das sie sich bei ihr entschuldigen. Es war meine Schuld gewesen, dass sie zu spät gekommen ist. Wenn sie ihren Ärger an jemandem auslassen wollen, dann wenden sie sich an mich. Guten Tag.", erklärte ich und drehte mich wieder um und lief zu dem leeren Tisch rüber, wo ich mich auf einen Stuhl sinken ließ und mir erstmal eine Zigartte rausholte und diese anzündete. Als mein Handy klingelte, stellte ich es einfach aus. Ich hatte keine Lust auf irgendwelche Telefonate und wollte einfach nur meine Ruhe haben. Die würden auch mal einen Tag ohne mich auskommen. Ich nahm einen Zug von meiner Zigarette und ließ meinen Blick durch den Laden schweifen. Die komplette müsste neugemacht werden. Die kitschigen Poster kämen runter und ein neuer Anstrich wäre auch nicht schlecht, überlegte ich und stieß dann den Rauch der Zigartte aus. Und vorallem würde ich den kleinen Schleimer entlassen.

Ich hatte von dem weiteren Gespräch der beiden nichts mehr mitbekommen, da die anderen Gäste ja auch noch bedient werden wollten und ich sicherlich wieder Ärger bekommen hätte, wenn ich meine Arbeit vernachlässigt hätte nur um ihrem Gespräch zu lauschen. Etwas neugierig war ich allerdings schon. Aber gut, sei es wie es sei. Seufzend gab ich die Bestellung von Tisch 3 an der Küche ab und schlenderte mit natürlich einem freundlichen Lächeln auf den Lippen zum nächsten Tisch an dem 4 Teenager saßen und sich erst einmal über mein Outfit lustig machten. War ich froh nicht mehr auf der Highschool zu sein. "Tja, stellt euch vor einige müssen für ihr Geld arbeiten gehen. Wollt ihr nun was bestellen? Wenn nicht, könnt ihr gleich wieder gehen." Das war wohl deutlich genug. Genervt nuschelten sie sich gegenseitig etwas zu und bestellten dann auch endlich. Ich war froh, wenn die wieder weg waren. Sie würden sich schon noch umgucken wie hart das Leben sein konnte, wenn man nicht mehr zur Schule ging und bei Mami und Papi wohnte die eh alles bezahlten.
Kurz nachdem ich auch diese Bestellung eingereicht hatte und ich mir schon die ersten fertigen Getränke auf meinem Tablett zurecht stellte, kam mein ach so heiß geliebter Chef auf mich zu und meinte ich solle Daniel bedienen. Warum hinterfragte ich gar nicht erst, jedoch fand ich es unnötig von ihm zu erwähnen, dass ich höflich sein sollte. Das war ich schließlich immer wenn mir nicht gerade jemand blöd kam. Wortlos nickte ich ihm zu und verteilte die ersten Getränke inklusive den Whiskey für Daniel wobei ich dann letzten Endes auch an seinem Tisch landete. "Hier, bitteschön.", kommentierte ich das herabstellen seines Glases vor seiner Nase und holte wieder Block und Stift hervor nachdem ich mir das Tablett unter den Arm geklemmt hatte. "Was für eine Pizza hättest du denn gerne?", den Teil mit der Pizza und dem Whiskey hatte ich so beiläufig beim vorbeigehen mitbekommen. Komisch, Bestellungen schienen mir nie zu entgehen. "Also.. auf keinen Fall empfehlen würde ich dir die Pizza mit Spinat oder Creme Fraiche. Die bekommt unser Koch nie so wirklich hin." Was schwafelte ich da eigentlich? Spinat.. wann hatte ein Kerl jemals eine Pizza mit Spinat bestellt? Naja, aber so war er wenigstens gewarnt. Es überraschte mich sowieso, dass jemand wie er sich in einem Schuppen wie hier etwas zu Essen bestellte. Mir sollte es jedoch recht sein. Vielleicht ließ er ja mal etwas Trinkgeld springen. An Geld mangelte es ihm immerhin sicher nicht.